Von Rosen und Gänseblümchen
Der einst prächtige Garten Gottes lag im Sterben. An den Bäumen vertrockneten mitten im Frühling die Blätter, an den Büschen verwelkten die Blüten noch bevor sie richtig zu blühen begannen und die Blumen ließen ihre Köpfe hängen oder lagen geknickt auf der Erde.
Fassungslos fragte Gott die Eiche,was los sei und die Eiche antwortete , sie sterbe , weil sie keine Trauben tragen könne. Als Gott zum Weinstock ging, schüttelte der traurig seine kahlen Äste und flüsterte , er müsse sterben, weil er nicht so groß wie eine Zypresse werden könne. Und die Zypresse lag in den letzten Zügen,weil sie nicht blühen und duften konnte wie eine Rose.Die Rose dagegen wollte nicht länger leben, weil die Schönheit ihrer Blüte nur kurze Zeit anhielt. Schließlich fiel Gottes Blick auf eine kleine Pflanze mitten auf der Wiese, die sich im Wind wiegte und blühte und so frisch wie immer wirkte.
"Wie kommt es, dass du als einzige blühst?"
fragte Gott das Gänseblümchen.
"Ich denke mir, wenn du eine Rose oder einen Weinstock, eine Eiche oder einen Lotos statt meiner gewollt hättest,dann hättest du sie gepflanzt. Und wenn du mich nicht haben wolltest, so hättest du mich ausgerissen. Vor allem aber, weil ich ohnehin nichts anderes sein kann als das, was ich bin , genieße ich es voll und ganz, ein Gänseblümchen zu sein.
Zwei Indianer
Ein junger und ein alter Indianer sitzen schweigend auf einem Hügel und starren in die Weite.
Nach einer Weile sagt der Alte nachdenklich : "Weißt du...solange ich denken kann, kämpfen in mir ein weißer und ein schwarzer Wolf um die Vorherrschaft."
Nach einer Weile fragt der Jüngere: "und welcher wird gewinnen ?"
Der alte Indianer überlegt lange :" Ohne Zweifel der, den ich nähre." sagte er schließlich und lachte.
Eine neue Strasse gehen...…….
Szene 1:
Ich gehe eine Strasse entlang. Ein tiefes Loch ist im Bürgersteig .Ich übersehe es und falle hinein. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin und wie ich da hineingekommen bin. Meine Augen sind fest geschlossen
und es dauert eine Ewigkeit bis ich mich daraus befreit habe........
Szene 2:
Ich gehe die gleiche Strasse entlang. Ein tiefes Loch ist im Bürgersteig. Ich sehe es und falle dennoch hinein.Meine Augen sind offen ,ich weiß, wo ich bin und doch dauert es eine ganze Weile bis ich mich daraus befreit habe......
Szene3:
Ich gehe die gleiche Strasse entlang. Ein tiefes Loch ist im Bürgersteig. Ich sehe es und falle trotzdem hinein. Es ist wie eine alte Gewohnheit.Ich sehe zu, dass ich so schnell wie möglich wieder herauskomme....
Szene 4:
Ich gehe die gleiche Strasse entlang.Ein tiefes Loch ist im Bürgersteig. Ich weiß, dass es da ist, achte bewußt darauf und gehe um das Loch herum.....
Szene 5:
Ich nehme heute eine andere Strasse.
Sogyal Rinpoche